Pseudo-Aufschwung?

Zur Zeit wird in vielen Medien der „große Aufschwung“ propagiert. Aber hinter der Fassade bröckelt und modert es, und zwar gewaltig.

Sinkende Arbeitslosenzahlen schenken vielen Menschen wieder das beruhigte, zufrieden grinsende „Uns geht es gut“-Gesicht. Einen Großteil der Statistiken, welche die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht, machen jedoch die Zeitarbeiter, die sog. „Aufstocker“ und die Niedriglohnarbeiter bzw. die sog. „Minijobber“ aus. Über diese Menschen, die teilweise für einen Hungerlohn schuften und mühevoll versuchen, eine Existenz aufzubauen und diese auch zu erhalten, redet irgendwie niemand. Ist ja auch ziemlich unbequem, schließlich ist es viel schöner, dem ganzen Land voller Stolz verkünden zu können, wie gut es uns doch geht-die ganzen „Sozialschmarotzer“, die nach Ansicht einiger Personen scheinbar am Rande der Gesellschaft „vor sich hindümpeln“, werden immer weniger-und das ist doch eine gute Nachricht, oder nicht?

Derart kurzsichtiges Denken kann man natürlich nicht jedem vorwerfen-aber leider denkt doch der Großteil, wenn er mal ganz ehrlich zu sich selbst ist, genau so darüber. Das klingt sicherlich alles recht hart und auch provokant, aber Fakt ist, dass in Wirklichkeit nur sehr wenige „normale“ Arbeitsplätze entstehen. Und nicht jeder, der Hartz 4 bezieht, ist automatisch ein „schlechterer Mensch“ oder faul-es gibt immer zwei Seiten der Medaille. So sind zum Beispiel zahlreiche Studenten auf das Sozialgeld angewiesen, weil sie nach dem Studium oft nur unbezahlte Praktika und/oder „Festanstellungen“ angeboten bekommen, die maximal auf Minijob-Basis entlohnt werden. Natürlich sind die Beschäftigungszahlen in den letzten Monaten eindeutig nach oben gegangen-insgesamt gibt es in Deutschland 30,9 Millionen sogenannte abhängig Beschäftigte. Und es ist auch zu begrüßen, dass sich unsere Wirtschaft trotz der Finanzkrise auf dem aufsteigenden Ast befindet. Dennoch boomt die Zeitarbeitsbranche. Die ARD berichtete von inzwischen 742000 Zeitarbeitern. Diese Zahl bedeutet einen neuen Rekord für den deutschen Arbeitsmarkt. Laut Statistischem Bundesamt können Unternehmen durch Zeitarbeit und befristete Verträge nur profitieren, denn in einer Zeit, in der sich permament alles verändert-vor allem die wirtschaftliche Lage-ist das Einstellen von Zeitarbeitern nur von Vorteil.

Im Klartext bedeutet das, dass etwa drei Viertel der „neuen Jobs“genau diesem Sektor zu zuordnen sind. Dort hinein fallen natürlich auch Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen, Teilzeitjobs mit weniger als 20 Stunden pro Woche sowie geringfügig Beschäftigte (Mini-Jobber). Und die Zahl dieser Arbeiter steigt unaufhörlich an. Bevor man sich also zu früh freut, sollte man erstmal wieder in die Realität zurückkehren und schauen, wie man mit dieser Entwicklung künftig umgehen will. Die Zuversicht in Bezug auf die Konjunktur wird derzeit schließlich immer mehr von der weltweiten Schuldenkrise eingetrübt.