KMU Finanzierung

Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fehlen häufig Sicherheiten und Rücklagen, um Kredite zu erhalten und damit zu investieren und zu expandieren. Dabei beschäftigen gerade die KMUs über die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer und erwirtschaften einen beachtlichen Anteil des Gesamtumsatzes unserer Volkswirtschaft.

Um künftig verlässliche Aussagen über den Zugang der KMU zu Finanzmitteln in Deutschland und Europa treffen zu können, beauftragte die EU-Kommission das europäische Amt für Statistik (Eurostat) mit einer entsprechenden Befragung in 24 Mitgliedsstaaten. Für die Durchführung der Befragung in Deutschland war das Statistische Bundesamt verantwortlich. Nun liegen Umfrageergebnisse von 2459 deutschen kleinen und mittleren Unternehmen vor, und zwar für die Jahre 2007 und 2010, also vor und nach der Finanzkrise. Ziel der Befragung war es, zu untersuchen, um welche Finanzierungsformen (z. B. Kredit, Beteiligungen) sich Unternehmen bemüht haben und wie erfolgreich sie dabei waren, aus welchen Quellen entsprechende Geldmittel stammen und welche Wachstumshemmnisse existieren. Alle Angaben beruhen auf Selbsteinschätzungen der Befragten.

Aufteilung der Stichprobe

Das Statistische Bundesamt nahm dabei eine differenzierte Betrachtung nach drei Gruppen von kleinen und mittleren Unternehmen vor:

Gazellen: Sehr junge Unternehmen, die ein hohes Beschäftigungswachstum aufweisen.
Schnell wachsende Unternehmen: Unternehmen mit hohem Beschäftigungswachstum innerhalb eines kurzen Zeitraums.
Übrige Unternehmen.

Mehr Vorsicht bei der Kreditvergabe

Insgesamt ist der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen, die sich in den Jahren 2007 und 2010 um Finanzierung bemüht haben, mit 33% bzw. 36% nahezu konstant geblieben. Über den untersuchten Zeitraum waren Kredite die beliebteste Form der Finanzierung. Demgegenüber waren Beteiligungen nur für ein Prozent der Befragten von Interesse. Mit großem Abstand stellten sich Banken als wichtigste Kreditgeber in beiden Jahren heraus, gefolgt von Eigentümern oder Geschäftsführern.

Erfolg bei der Kreditaufnahme

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass in den Jahren 2007 und 2010 mehr als drei Viertel aller Befragten den bei einer Bank beantragten Kredit auch tatsächlich im vollen Umfang erhielten. Deutlich weniger erfolgreich waren die Befragten bei anderen Kreditquellen (z. B. Bausparkassen). Allgemein ist festzustellen, dass es KMU 2010 im Vergleich zu 2007 schwerer fiel, Kreditgeber zu finden.

Lediglich Familienmitglieder waren im Jahr 2010 eher bereit einen Kredit zu geben als 2007. Zwar kommt die Familie nur für jeden zehnten Befragten als Kreditgeber in Frage, allerdings erhielten mehr als 60% das benötigte Kapital ohne Einschränkungen. Dies ist ein bemerkenswerter Anstieg gegenüber 2007 (41%).

Kreditbedarf

In allen untersuchten Gruppen von Unternehmen ist der Anteil derer, die sich um Kredite bemüht haben, im Betrachtungszeitraum angestiegen. 2010 hatte insgesamt jedes vierte Unternehmen Bedarf an Kreditmitteln, 2007 war es nur jedes Fünfte. Die Gruppe der „Gazellen“ verzeichnet den höchsten Anstieg der Nachfrage nach Krediten. Hier ist der Wert im Jahr 2010 um rund 10 Prozentpunkte höher als 2007. Im Gegensatz dazu ist der Anstieg bei den schnell wachsenden Unternehmen (von 31% auf 32%) und bei den übrigen Unternehmen (von 20% auf 24%) vergleichsweise gering.

Bürgschaften und Garantien notwendig

Im Falle fehlender Sicherheiten und Garantien können Kreditgeber vom potentiellen Schuldner eine Bürgschaft verlangen. Diese Bürgen sind juristische oder natürliche Personen, die die Risiken eines Kreditausfalls ganz oder zumindest teilweise tragen. Der Anteil der Befragten, die für den Erhalt einer Finanzierung im Jahr 2010 eine Bürgschaft benötigten, beträgt 30%. Dieser Wert liegt auf nahezu dem gleichen Niveau wie im Jahr 2007 (28%). Eine differenzierte Betrachtung der Ergebnisse nach Unternehmensgruppen zeigt, dass besonders häufig „Gazellen“ eine Bürgschaft oder Garantie bei der Kreditaufnahme benötigten (59% in 2010). Bei den übrigen Unternehmen war es hingegen nur knapp ein Drittel der Befragten (27% in 2007; 30% in 2010). Eine Analyse nach Wirtschaftsbereichen zeigt, dass fast die Hälfte der Unternehmen aus dem Bereich „Information und Kommunikation“ in beiden Jahren eine Bürgschaft vorweisen mussten, um einen Kredit gewährt zu bekommen. Einen sehr hohen Anstieg seit dem Jahr 2007 (29%) verzeichnet der Bereich Baugewerbe (41% in 2010).

Erfolg bei anderen Finanzierungsarten

Neben Krediten und Beteiligungen gibt es auch andere Finanzierungsformen, wie z. B. Leasing und Kontoüberziehungen. Rund drei Viertel der Unternehmen, die im Jahr 2010 auf der Suche nach einer anderen Finanzierungsform waren, fragten das Angebot einer Leasinggesellschaft nach, 61% machten von Kontoüberziehungen Gebrauch, ein Viertel bzw. ein Fünftel haben Lieferantenkredite und Vorauszahlungen durch Kunden genutzt. Wie die Abbildung zeigt, waren die Bemühungen weitestgehend erfolgreich.

Wichtige Wachstumshemmnisse

In ihrer Einschätzung von Wachstumshemmnissen bis zum Jahr 2013 gehen die befragten kleinen und mittleren Unternehmen von drei wichtigen Faktoren aus: Preiswettbewerb, hohe Arbeitskosten sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit von neuem Fachpersonal. Eine differenzierte Betrachtung der Ergebnisse nach den drei eingangs erwähnten Unternehmensgruppen zeigt, dass insbesondere die „Gazellen“ in ihrer Einschätzung deutlich von den anderen Unternehmen abweichen. In der Gesamtbetrachtung wird zwar der Preiswettbewerb als das kritischste Hemmnis für zukünftiges Wachstum angesehen, allerdings stellt für die „Gazellen“ die eingeschränkte Verfügbarkeit von neuem Fachpersonal das entscheidende Wachstumshindernis dar, wohingegen nur ein Viertel Arbeitskosten als mögliches Problem identifizieren.

Weitere Ergebnisse und Informationen über die Methodik der Erhebung werden in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift „Wirtschaft und Statistik“ veröffentlicht. (Voraussichtlicher Erscheinungstermin: 4.8.2011)

Quelle:destatis